Kloster Fahr - Benediktinisches Frauenkloster

Klosterkirche

 

Die Klosterkirche wurde in den Jahren 1743 - 1746 umgestaltet. Sie zeigt sich ganz im Rokokostil, übernimmt aber zugleich Elemente der früheren Architektur, wie z. B. die Gliederung in ein Langhaus, ein Querschiff und einen Altarbereich, wobei sich der Nonnenchor auf der Empore befindet. Der charakteristische Kirchturm hat seinen Zustand seit 1833 und ist ein weitherum sichtbares Wahrzeichen des Klosters. Äusserlich und innerlich ist die Kirche, was die Baustruktur angeht, sehr schlicht gehalten. Die Wände werden nur durch die Stichbogenfenster und die Türen gegliedert. Das dennoch reiche Aussehen erhält die Kirche durch die Malereien der Gebrüder Torricelli aus Lugano. Diese Fresken im italienischen Stil und das Hochaltargemälde geben nicht wie in anderen Kirchen unzusammenhängende Szenen wieder, sondern erzählen die Geschichte der Erlösung. Es ergibt deshalb Sinn, die Kirche zuerst ganz bis zum Chorgitter zu durchschreiten und den Blick zum Hochaltar zu richten, wo die Geschichte ihren Anfang nimmt.

 

Das Gemälde des Hochaltars aus der Werkstatt des Künstlers Carlo Bibuquius zeigt uns die unbefleckte Empfängnis der Maria. Das Kleine Jesuskind besiegt dabei Satan in Form eines Drachen. Die Torricelli haben hier und in der ganzen Kirche die Wände so gestaltet, dass die Einrichtung mit der Architektur verschmilzt. Die aufgemalte Scheinarchitektur und -ausstattung ist stellenweise so echt gestaltet, dass man nicht mehr weiss, was Kunst und was Realität ist.

 

Das Deckengemälde des Querschiffs von Giuseppe Torricelli zeigt uns die Himmelfahrt der Maria. Es soll als Vorbild dienen für alle Menschen, die nach dem Himmel streben. Im Querschiff können wir zwei Seitenaltäre finden, deren Darstellungen aber wenig mit dem Erlösungsmotiv zu tun haben. Jener im Norden zeigt den Ordensgründer hl. Benedikt von Nursia auf dem Altarbild und die Heiligen Joachim und Anna als Statuen beidseits des Bildes. Der südliche Altar stellt den Kirchenpatron hl. Mauritius dar.

 

Im Langhaus sehen wir an der Decke die Auferstehung Christi. Dieses Gemälde zeigt uns den Weg der Erlösung deutlich auf. Vom dunklen Grab umgeben von Wächtern auf der Erde steigt Jesus in den strahlend hellen Himmel zu einer Schar von Engeln und macht den Menschen so den Weg zum Himmel frei. Vom Langhaus aus lohnt sich auch noch ein Blick auf die Empore. Die Bilder ihrer Frontseite stammen nämlich vom bekannten Künstler Franz Anton Rebsamen (1715-1790), der im Kanton Aargau in manch einer Kirche gewirkt hat. Die Bilder sind zwar losgelöst vom Hauptmotiv, sind aber dennoch vor allem für Geschichtsinteressierte spannend. Das nördliche Bild zeigt nämlich die einzelnen Schritte der Klostergründung. Man erkennt, wie die Stiftungsurkunde vom Kaiser und dem Papst genehmigt wird. In der Mitte wird „eine ‚Kopie‘ des Gnadenbildes U. L. Frau von Einsiedeln“ (Simmen-Kistler) gezeigt. Diese Darstellung ist deshalb wertvoll, weil sie die eigentlich schwarze Madonna von Einsiedeln mit heller Hautfarbe zeigt. Das Bild im Süden erzählt eine Legende über Rudolf von Habsburg.

 

Der Kirchhof zwischen der Klostermauer und der Kirche bildet als Ganzes die letzte der Etappe der Erlösung, das Jüngste Gericht. Die Fassadenmalerei der Torricelli zeigt an der Westwand, dem Latrinenhaus, den unbesetzten Thron Christi, überhöht von Engeln, und darunter auferstehende Tote. Dieses Detail wird noch verstärkt, da der Kirchhof zugleich der Friedhof des Klosters ist. Die zwei anderen Fassaden zeigen Fresken mit architektonischen Strukturen. Gerade der perfekte Umgang mit der Perspektive erweckt diesen Raum zum Leben und wir werden in einen neuen, fiktiven Raum entführt, den Gerichtssaal Christi, gekennzeichnet durch Symbole des Glaubens.

 

Die Kirche ist der Ort des „ora!“ und sollte ursprünglich durch Schmucklosigkeit und Reduktion auf das Nötigste jede Ablenkung vom asketischen Lebensstil der Nonnen verhindern. Im Barock herrscht allerdings ein neuer Geist und der Zweck der Kirche hat sich gewandelt. Die Klosterkirche Fahr soll durch das Aufzeigen der Erlösungsgeschichte jede Nonne bei jedem Kirchenbesuch an das Zentrum des christlichen Glaubens erinnern und so eine Abweichung vom monastischen Lebensstil verhindern.

Klosterkirche von Nordwesten her

 

Langhaus mit Hochaltargemälde